Mit Tipps für den Besuch und Überblick über Pavillons

Die zentrale Plaza auf der EXPO 2020: Ein Hauch von Disney weht in der Wüste

Nach Deutschland schaffe ich es nicht. Zu viele Leute wollen hin, zu lang ist die Wartezeit. Andere Länder machen es mir leichter. 

Ich bin auf der EXPO 2020, der Weltausstellung in Dubai. Eigentlich geplant von Oktober 2020 bis März 2021, wurde die Expo um ein Jahr verschoben wegen – klar, wegen Corona. Jetzt ist es soweit, seit Oktober trifft sich die Welt in Dubai. Für zwei Tage bin ich dabei.

192 Länder plus Themenpavillons und Rahmenprogramm: Der Besuch will gut vorbereitet sein. Ich habe vorab Videos geschaut von Besuchern, die ihre persönlichen Favoriten vorstellen. Daraus habe ich meine Best-Of oder Must-See List erstellt. Offenbar haben es andere genauso gemacht: Meine Top-Ziele sind durchweg Publikumslieblinge, die Schlangen davor meterlang. 

Top-Pavillons vorab buchen

Zum Glück gibt es Smart Queues, Die kann man online buchen, um direkt an den Schlangen vorbei in die Pavillons zu gelangen. Wie in Disneyland. Der Haken: Das Expo-Gelände ist riesig, meine Top-Pavillons liegen weit auseinander und die Planung in der App ist, naja, nicht so toll. Um meine gebuchten Slots zu nutzen, muss ich ziemlich weit laufen. 

Überhaupt laufen: Am ersten Tag komme ich auf 17 km, am zweiten auf 15. Gut, dass ich ein zweiten Paar Schuhe dabei habe. 

Zuerst ins Heimatland?

Welcher Pavillon der beste sei, will unser Taxifahrer abends wissen. Ich finde das schwer zu sagen, vieles hat mir gefallen. Das erstaunt unseren Taxifahrer. Er meint, vielleicht sollte er noch ein zweites Mal hingehen und “die guten Länder” besuchen. Er war einmal dort und hat sein Heimatland besucht, Pakistan. Dann noch Indien, Afghanistan, eben das was ihm nahe liegt. Aber toll fand er es nicht. 

So geht’s natürlich auch: Heimatverbunden auf die Expo gehen. Zuerst den Pavillon des eigenen Landes besuchen und dann die nähere Umgebung. Vielleicht ist das der Grund, warum Länder, an die nicht zuerst denke, hier der Renner sind. Ägypten, Saudi Arabien, Kuwait, Emirate. Die Pavillons von Pakistan und Iran glitzern wie Paläste. 

Mit dem Pavillon des Heimatlandes anzufangen, ist für mich keine Option. Nicht nur weil mich andere Länder mehr interessieren, sondern auch weil mein Heimatland es mir schwer macht. Deutschland bietet keine Smart Queue und die Wartezeit liegt inzwischen bei zwei Stunden. 

Der deutsche Pavillon ist beliebt, Wartezeiten von 2 Stunden sind üblich.

Einfach übers Gelände schlendern

Ich wähle eine simple Strategie für meinen Besuch: Über das Gelände schlendern und dort reinschauen, wo es keine Schlangen gibt. So lerne ich viele kleine Länder kennen. Und weil ich schneller durch bin, kann ich umso mehr Länder besuchen. Einmal um die Welt geht es an einem Tag. 

Je mehr ich sehe, desto größer wird meine FOMO, meine Sorge, etwas zu verpassen. Vier Quadratkilometer misst das Expo-Gelände, doppelt so groß wie Monaco. Da tummeln sich viele Länder, Shows und Gimmicks. Schnell wird es Abend, um 18 Uhr ist es dunkel, die Lichter auf den Boulevards und Plazas gehen an und ich fühle mich wie in Disneyland. Parade, Multimediashow und  Besucher, die aus dem Staunen nicht rauskommen. 

Die Füße platt, die Augen müde. Ich habe unzählige Länder besucht, Bilder gesehen, Filme über High-Tech-Helden und rosige Zukünfte. Klar, die Länder wollen sich von ihrer bester Seite zeigen. Aber die Expo ist für mich keine Olympiade. Am Ende meiner zwei Tage fehlt mir die Begegnung, der Austausch, das Kennenlernen. Gesehen habe ich viele Menschen aus vielen Nationen. Gesprochen habe ich mit wenigen. Kennengelernt habe ich niemanden. Liegt das nur an den Masken, die wir hier tragen? 

Deutschland, Publikumsliebling

Am Ende erhasche ich dann doch noch ein Stück Heimat. Im Restaurant des Campus Germany hat der Restaurantchef Zeit zum Plaudern. Gestern hatten sie erstmals das Schild “150 Minutes” vorm Pavillon stehen. Zweieinhalb Stunden Wartezeit, der Pavillon ist Highlight der Expo, nur der japanische Pavillon lässt die Besucher noch länger warten. Lohnt es sich? – Ja, die Ausstellung sei schon wirklich gut, sagt er. Sie zeige ein tolles Bild von Deutschland: interessant, spielerisch, man komme mit vielen Leuten ins Gespräch. 

Ein sympathisches Bild zeigt Deutschland hier auf der Expo. Ganz anders als zuhause, sagt der Restaurantchef. Als seien es zwei verschiedene Länder. Schön, das Deutschland von Dubai zu erleben, denke ich und löffle meinen Schwarzwaldbecher. 

Erholsames Stück Heimat: Schwarzwaldbecher im Restaurant des deutschen Pavillon

Mein Fazit

Das Expo-Gelände kommt mir vor wie eine Sonderausgabe eines Disney Freizeitparks. Statt Fahrgeschäft gibt’s Länderpavillons mit Gimmicks, Filmchen und Souvenirshops. Das ist unterhaltsam. Aber ich lerne nicht viel über die Länder. Alle machen in Nachhaltigkeit, High Tech oder Tourismus, haben Lösungen für unsere Zukunft und sind die Schönsten und Besten in irgendwas. Probleme oder dunkle Kapitel sind die große Ausnahme. Ich verstehe das aus Sicht der Länder – aber als Besucherin würde ich mir weniger Olympia, mehr Vereinte Nationen wünschen. 

Trotzdem: Dubai hat mich freundlich aufgenommen, bestens unterhalten und eine komfortable Reise um die Welt ermöglicht. Die nächste Expo soll 2025 in Osaka steigen. Wenn’s geht, bin ich dabei.

Tipps für den Besuch

Transport

Expo Explorer fahren durch die drei großen Bereiche. Sie machen keinen Zwischenstopp. Gute Möglichkeit, das Gelände zu erkunden, ohne sich die Füße platt zu laufen. Tipp: Morgens benutzen, denn nachmittags sind sie überfüllt. 

Besuchszeiten

Nachmittags wird das Gelände voll. Dann kommen Familien und Locals und zwischen Kinderwagen, Rollern und Fahrrädern kann es wuselig werden. Morgens ist es entspannter und nach 20 Uhr stellt sich Feierabendstimmung ein.

Expo-Pässe

Wer mag, kann sich am Eingang einen Expo-Pass geben lassen. In jedem Pavillon gibt es einen Stempel in den Pass. Das scheint ein weltumspannender Volkssport zu sein. ich hat das an die alten Jugendherbergsausweise erinnert. Also: Wer mag, nicht vergessen, den Expo-Pass zu nehmen – und losgestempelt! 

Attraktionen

Auch außerhalb der Pavillons gibt es viel zu entdecken. Unbedingt Zeit einplanen, um über die Wiesen zu schlendern, auf den Plätzen Musikern zu lauschen und Spielerisches auszuprobieren. Zum Beispiel die riesigen Wasserfälle, die sich mit den Menschenmengen hin- und herbewegen.

Die Pavillons im Überblick

Alle Länderpavillons, die ich besucht habe, folgen hier im Schnelldurchlauf.

Niederlande

Hier dreht sich alles um Wasser und Nachhaltigkeit. Statt Erklärtafeln gibt’s Filme und Inspiration. An den Wänden wachsen Austernpilze im feuchten Pavillonklima. Der ganze Pavillon wird nach der Expo zurückgebaut und die Materialien wieder verwendet. Die Wände sind aus gebrauchtem Stahl, der in den USA gemietet wurde und nachher dorthin zurückgeht. Interessant: Wir bekommen Regenschirme nicht, um uns vor Regen zu schützen, sondern um eine Projektion über unseren Köpfen zu sehen. Im Shop gibt’s Snacks und Merchandise.

Singapur

Willkommen im Pflanzenhaus!

Der Pavillon ist ein mehrstöckiges Stahlgerüst, überwachsen mit grünen Pflanzen. Im Grunde ist der Besuch ein Spaziergang durchs Grüne mit Ausblick aufs Gelände und  einigen Erklärtafeln und Exponaten. Singapur zeigt sich als Green City mit Ambitionen.

Interessant: seltene Orchideen in Glaskugeln, eigens aus Singapur eingeflogen.

Saudi Arabien

Fantastisches Kino. Die Wartezeit wird mit einem Blick auf künstliche Wasserfälle unter Spiegeldach versüßt. Ich ahne: Das Land will uns überraschen und sein Image vom kargen Wüstenstaat ablegen.

Im Pavillon gibt’s Bilder und Filme von Oasen, historischen Gemäuern, Hightech, Palästen und wunderschönen Stränden. Ein bisschen Wüste ist auch dabei, hoch dekorativ. So bunt hätte ich mir Saudi-Arabien nicht vorgestellt. Fast bekomme ich Lust, das Land zu besuchen.

Interessant: Am Ende stehe ich mit allen Besuchern gefühlt mitten im Weltall und schaue auf ferne Planeten, während Sterne ihre Lichter auf uns werfen.

Im Shop gibt’s Kaffee und Datteln zum Mitnehmen, daneben seated Dinner im Restaurant. Mein Kaffee ist, naja, anders als gedacht – mehr Gewürz Wasser als Muntermacher. Die Datteln dagegen sind eine Offenbarung.

Belgien

Zur Begrüßung gibt es einen Keks. So unterhaltsam geht’s weiter: Comicfiguren bebildern Belgiens Ideen zu Smart Cities. Lucky Luke latscht, Marsupilami turnt durch die Stadt. Ich lerne: Die Figuren im Pavillon gehören alle dem Carlsen Comic Verlag. Projektionen an Wänden sorgen für 3D ähnliche Eindrücke. Kindern entlockt das ein “Wow”. Draußen gibt’s French Fries und Waffeln von der Jahrmarktbude.

Thailand

Ausnehmend freundlich werden wir empfangen und dürfen Nachbauten alter Kutschen betrachten. Dann geht es ins Kino.

Zwei Figürchen sausen durch einen Imagefilm, in dem Thailand zeigt, wie es bei allen Zukunftsthemen mitmischt. Dann stellen sich Leute vor, die nach Thailand ausgewandert sind:  Ein Kickboxer, Unternehmer, Künstler und andere. Will Thailand mich überzeugen, es ihnen nachzumachen?

Vorm Pavillon gibt’s kein Essen, aber bunte Shows mit Pomp und Kampf und Trara. 

Polen

Willkommen im Holz-Pavillon. Die Optik hat mich angezogen. Drinnen lande ich in einem Klavierkonzert. Sehr schön!

Ansonsten ein paar Exponate auf zwei Etagen und draußen Essen im Selfservice mit Sitzgelegenheiten.

Frankreich

Was will der Pavillon mir sagen? Was auch immer, ich sehe schöne Bilder von der südfranzösischen Küste und komme in Urlaubslaune. Danach gibt es eine Kunstinstallation mit Farbspielen, die sich mir nicht erschließen.

Shop: Ein Ladurée Kiosk vorm Eingang, ein Crepes stand am Ausgang und ein Shop mit ganz viel Merchandise und Patisserie. Verhungern muss hier niemand, unterzuckern auch nicht.

Neuseeland

Kleiner Pavillon, kurze Warteschlange. Drinnen Bilder, deren Aussage ich schon wieder vergessen habe. Irgendwas mit Open-minded. Es gibt ein Restaurant, das Weinverkostungen anbietet. 

Philippinen

Was für eine Überraschung! Kunst in vielen Varianten. Von stylischen Skulpturen bis bunte Figuren.

Man kann auf die Dachterrasse steigen, leider ohne Sonnenschutz. Oben angekommen, weiß, warum unten Regenschirme zum Mitnehmen stehen: Die Sonne knallt.

Spanien

Vorbei an riesiger Kunst geht in eine Hightech-Höhle: ein Modell vom Hyperloop, Bilder von Startup-Gründen, Lichtinstallationen. Interessant: Täuschend echte Projektionen von Vögeln schweben im Raum.

Shop: Kaffee und Teilchen, abends Restaurant.

United Arab Emirates (UAE)

Unübersehbar, gleich neben der zentralen Plaza, alle Wege führen an diesem Pavillon vorbei. Auch sonst wäre der Pavillon der Emirate kaum zu übersehen. Wie ein gigantischer weißer Falkenflügel ausgebreitet liegt er da. Drinnen lichte Innenhöfe mit Schatten, Wasser und Pflanzen, stylisch wie ein Designmuseum. In der Ausstellung erzählen uns freundliche Emiratis aus der Geschichte ihres Landes und zeigen alte Bilder.

Malaysia

Wir sehen einen Regenwald-Film in modernem Kleid. Ich lerne: Malaysia ist fest entschlossen, einen deutlichen Beitrag zum Klimawandel zu leisten. Der Regenwald ist Malaysias Diamant.

Interessant: zu Begrüßung gibt es eine Kette in Farben wie die Deutschlandflagge. Kann ich gut zur nächsten Fußball-WM tragen.

Kanada

Wir sehen einen Imagefilm. Dann geht’s wieder raus. Ausgerechnet Kanada ist meine größte Enttäuschung auf der Expo. 

China

In der Lobby ein Foto des chinesischen Landeschefs mit Emiratis. Ansonsten Raumfahrt, ein E-Auto, ein kleiner Roboter. Im Shop Souvenirs & Kitsch. Interessant: Der chinesische Pavillon hat einen ganz eigenen Retro-Stil. Hightech Ambitionen vor grauem Linoleum. Ich fühle mich zurückversetzt in Zeiten des realen Sozialismus. 

The Länd

Das ist der Pavillon von Baden-Württemberg.

Der selbstironische Name “The Länd” erschließt sich hier wahrscheinlich nicht allen. Ein bunter Eingangsbereich lädt zum Hinsetzen ein. Drinnen werden wir informiert, sehen Hightech und schönste Landschaften. Dann ein Stuttgarter Auto neben Gastro-Angebot. Sieht alles gut aus, trotzdem bleibt das Erlebnis clean und unpersönlich wie ein teurer Messestand.

Schweiz

Beeindruckende Fassade. Nicht aufs weiße Kreuz treten!, ermahnen uns die Guides. Drinnen geht es bergauf durch den Nebel, gut dass die Serpentinen mit Leuchtstreifen markiert sind. Danach folgen Infostände von Firmen, eine Ausstellung gesponsert von Nestle. Nirgends sind Sponsoren so präsent wie im reichen Schweizer Pavillon. 

Interessant: Auf der Dachterrasse gibt’s Fondue, Rösti und Drinks und eine Ruhe wie auf höchsten Berggipfeln. Im Shop feinste Sprüngli-Pralinen, von denen ich nicht sicher bin, ob sie die Sonne Dubais vertragen. 

Südkorea

Ein riesiger Pavillon mit aufwändiger Außenfassade und einem Aufbau wie eine Showbühne. Als ich dort bin, ist der Pavillon wegen covid geschlossen. Putzigerweise sind Shop und Restaurant im Pavillon geöffnet. Der Shop bietet gängige Souvenirs. 

UK

Für den Pavillon habe ich keine Zeit. Aber ich sehe ihn von außen und habe das Gefühl, genug gesehen zu haben. Denn ich habe im Vorfeld im Video gesehen, was der Pavillon bietet: Man geht hinein und kann ein beliebiges Wort in einen Computer schreiben.

Aus den Wörtern der Besucher setzt ein Algorithmus Sätze zusammen, die auf der Außenfassade erscheinen. Also stelle ich mich kurz davor und sehe, wie die Sätze auf der Fassade wechseln. Ja, sie scheinen Sinn zu ergeben, auch wenn sie aus beliebigen Wörtern zusammengesetzt sind. Ist das die Zukunft der Poesie, oder ein Revival dadaistischer Wortkunst?

Women’s Pavilion

Diese Ausstellung ist ein Plädoyer für mehr Gleichberechtigung und Frauenrechte. Fakten, Zahlen und Beispiele zeigen, wie Frauen benachteiligt werden und welche Leistungen Frauen in der Geschichte erbracht haben. Interessant: Ich erfahre vom Matilda Effekt. Der besagt, dass Erfindungen und Entdeckungen von Frauen oft Männern zugeschrieben wurden.

Terra – Sustainability Pavillon

In diesen Pavillon gelange ich per Zufall, als ich falsch abbiege und durch grüne Pflanzen schlendere. Eh ich mich versehe, stehe ich im Themenpavillon zur Nachhaltigkeit. Gut so, denn ich entdecke manches zum Rätseln und Ausprobieren. Das macht mehr Spaß, als Imagefilme von Ländern zu schauen. 

Länder ohne Pavillon

Unzählige Länder warten darauf, erkundet zu werden. Die meisten haben keinen eigenen Pavillon, sondern einen Raum in einer der Hallen. Man kann einfach hineingehen, ich erlebe nirgends eine Warteschlange oder auch nur überfüllte Räume. Meist gibt es einfache Exponate und Posterwände, fast immer einen kleinen Shop. In Timor Leste kann ich Kaffee probieren, auf den Malediven Schiffchen ansehen, in Vietnam ein Selfie vor einem landestypischen Straßenzug machen. In Kiribati erfahre ich, dass die Insel womöglich in 50 Jahren untergeht. In Micronesien lerne ich einen ganz neuen Inselstaat kennen. Am Ende des Tages haben ich in den kleinen Pavillons die meisten Eindrücke gesammelt.

© Fotos: Hilge Kohler, Lutz Kohler